Thomas D., nein nicht der von Fanta 4… Thomas ist ein Red Devil aus der Gemeinde Freisen (OT Reitscheid). Thomas ist aber auch Fan unserer MTB Rallye und von Henri Lesewitz und Starter im MTB Cup Saar Pfalz 2012.
Thomas war vor und während unseres MTB Wochenende im Dauereinsatz und meist auch in Doppelfunktion tätig. Lest doch mal weiter unten sein Tagebuch vom Rallyesonntag…
Die MTB-Rallye Grüne Hölle Freisen 2012 aus Teilnehmersicht (Senioren 1). Für alle die, die schon immer mal wissen wollten, wie sich so eine Teilnahme an der MTB-Rallye aus Fahrersicht darstellt… Sonntagmorgen beim Aufstehen sind meine Beine überraschend gut, dafür dass Niklas den Tag zuvor partout die 66 KM-Höllentour machen wollte. Muss ja eh um kurz vor neun an der Halle sein, um die Kinder für deren Rennen anzumelden. Also Räder satteln und 8:45 Uhr ab nach Freisen. Nach dem Anmelden bekomme ich die ehrenvolle Aufgabe, Überlebenspakete für unsere Starter, Zeitnehmer und Streckenposten zu packen und zwischendurch ständig Antworten geben auf Red-Devils-Fragen, die ich gar nicht wissen konnte. Vor lauter Drumherum hätte ich meine Anmeldung fast verpennt (nicht wirklich – aber später als gedacht) und schwupps prangte die 110 an meinem Rad, professionell mit 3 Kabelbindern festgezurrt, obwohl 4 Löcher vorhanden waren. Also nicht schön – aber bei meiner zu erwartenden Performance können die Zielrichter eh jede einzelne Nummer mit den Fingern in der Luft nachfahren. Die U13 startet um 10 Uhr – es wird noch ein Begleiter gesucht, der die Bande zum Start geleitet. Schnell gemeldet, noch ne letzte Chance für nen abschließenden persönlichen Performance-Test. Bis zum Start geht´s ganz gut, na ja einige Kinder schieben den Berg hoch, viel schneller bin ich aber auch nicht. Vorm Start gebe ich den Kindern noch ein paar Tipps für die erste knifflige Stelle gleich hinterm Start mit rutschigen Wurzeln und Linienmöglichkeit. Man kennt sich ja schließlich aus – mal schön raushängen lassen. Als alle U13-Biker/innen durch sind mach ich mich als Schlussfahrer noch mal wichtig – brauch ja keiner zu wissen, dass ich die Strecke im Detail überprüfe. Habe ja schließlich Niklas und Fabian im Vorfeld schon losgeschickt, um mögliche Hindernisse zu entfernen. Passt alles – nur der lange Anstieg zum Füsselberg hoch macht mir jetzt schon Sorgen…die Beine. Meine Startzeit ist für 12:10 am Rathaus festgelegt. Ab 12 Uhr sind alle Fahrer bereits am Start. Fühle mich sogleich an meine natürlich rein zufällige Gute-Nacht-Lektüre(*) im Vorfeld erinnert. Ich fühle mich umzingelt von gemeißelten Körpern. Riecht es nach Muskelöl? Wo sind die Wadenteddys. Konzentrierte Blicke scannen die Beine der Konkurrenz. Geölte Glatzen werden besorgt zur Kenntnis genommen, Naturmatten mit Erleichterung. Meine habe ich clever unter nem Buffy versteckt. Nur nicht gleich die Hosen runterlassen. Letzte prüfende Blicke nach links – 26er-Hardtail, durchschnittliche Figur, Baggy-Short, Beine nicht rasiert – ordne ich mal als meine Zielgruppe ein – d.h. den könnte ich packen.
Rechts – Startnummer 111, also direkt nach mir – 26er-Fully, muskulös, tätowiert, Beine rasiert – der überholt mich nicht! Startnummer 109, kommt aus Zypern oder so, scheint total austrainiert. Der könnte es reißen. Und dann erblicke ich ihn – 115. Der hat im Vorjahr gewonnen und auf der WP1 Kreise um die anderen gefahren. Startet also 5 Minuten nach mir – wenn der mich überholt, täusche ich unten im Ziel bei Andy ne Panne vor und fahre nicht mehr weiter.
12:19 – noch eine Minute bis zum Start. Mit den Startdamen noch kurz ein Späßchen gemacht – mache also einen auf entspannt – kenn ja die Strecke, während die anderen hinter mir sich vor lauter Aufregung mal gleich über den Haufen fahren. 12:20 los geht’s. Gleich an der ersten kniffligen Stelle (s. vorne bei Tipps für Anfänger) muss ich vom Rad – Schaltung klemmt. Hatte vor dem Start vor lauter Entspanntheit den falschen Gang rein gemacht und unter Volllast schalten ist halt kein Geheimnis. Fängt ja super an und gleich beim folgenden ersten Aufwärtsstückchen merke ich meine Oberschenkel schon. Beginne mir meine Exit-Taktik für Andy zu Recht zu legen. Der zweite Teil des Baasbach-Trails geht ganz gut – ist ja auch bergab. Aber dann rauf zum Füsselberg. Schon beim ersten Teil ist die Kette gefährlich in Richtung ganz links. Mit gefühlten 3 km/h komme ich oben an, bin Niklas schon am Verfluchen. Auf dem folgenden Flachstück ein Schluck aus der Pulle und dabei drauf achten, dass es mir nicht so geht wie Hendrik am Vortag. Wieder muss ich an meine rein zufällige Gute-Nacht-Lektüre denken. „Meine Beine hängen an mir herunter wie Fremdkörper. 450 Watt! Mindestens!“ Untertrieben! Dabei ist es jetzt fast komplett flach. Zweiter Teil vom Aufstieg zum Füsselberg – meine Sünden der letzten Jahre flüchten durch alle Poren. Aus meinem Helm läuft der Schweiß, als hätte mir jemand sämtliches Bier der letzten Zeit über den Kopf gekippt. Diese sch… Gute-Nacht-Lektüre – überhaupt verfluche ich alles, was mir grad in den Sinn kommt – die Beine brennen den ganzen Anstieg hoch. Ängstlicher Blick nach hinten – wann werde ich überholt. Aber weit und breit nix zu sehen, dafür aber schon das Kreuz auf dem Füsselberg. Geschafft – ab in den Trail – jetzt sollte meine Streckenkenntnis dem Nachfolger ein Aufholen schwer machen.Vorbei an unserem Streckenposten – noch ein cooles „Unn, alles im Griff“ zugerufen, obwohl ich kaum noch genügend Luft zum Atmen hatte. Mein Puls hatte sich schon verabschiedet – Own-Zone ist jetzt NoAir-Zone. Zum Glück war die Batterie meiner Puls-Uhr leer – sonst wäre ich wohl beim Lesen der Zahl vom Rad gefallen. Durch den Tannenwald über den Feldweg – beginne mich langsam an das Brennen in den Beinen zu gewöhnen. Was bleibt mir auch anderes übrig, wird ja bestimmt nicht besser. Dicke Beine, aerobe Schwelle, leicht verschwommene Wahrnehmung und schon sagenhafte 3,5 Kilometer hinter mir… Nun aber Licht am Ende des Tunnels – einer meiner Lieblingstrails runter Richtung Downhill – natürlich den Sprung mitgenommen – hat zwar keine Zeit gebracht, aber Laune – und ab auf den Downhill-Trail. Müsste gut gehen, hab ja wie die Profis extra tags zuvor die dicken NobbyNics montiert – geht auch gut. Noch mal richtig in die Pedale treten und ab durchs Ziel an Andy vorbei. Hab zwar noch was gehört, aber anhalten wollte ich nicht – konnte eh nicht reden. Auf der Verbindungsetappe zur WP2 war Sammeln aller Sinne angesagt. Schwierigste WP ist geschafft, Beine so lala, ging aber ganz gut, zumal meine handgestoppte Zeit unter 18 Minuten war – bin zufrieden. Beginnt so langsam richtig Spaß zu machen. Am Start zu WP2 beim Edelsteindorado wieder den Coolen gemimt und mit Britta und Sabine gescherzt, wohingegen die 111 schon ziemlich kaputt aussah und bereits jammerte, dass das nix für ihn sei. „Geil hier“, sage ich zu ihm und schaue gespielt entspannt Richtung Sonne. Ich habe in meiner rein zufälligen Gute-Nacht-Lektüre nämlich gelesen, dass es bei derartigen Demoralisierungsversuchen wichtig ist, kurze Sätze zu benutzen, besser noch Wortgruppen. Maximal drei, vier gepresste Worte. Die Atmung würde andernfalls eine flüssige Aussprache unmöglich machen und die eigene Anstrengung verraten. Den habe ich mal schön versägt…
Muss mir im Geheimen aber eingestehen, dass alle eigentlich doch einen recht netten Eindruck machen. WP2 geht richtig ab. Nach der genialen Kompression (anders wie bei manch einer Freitagsfahrt mit den Jungs auch ohne Beinahesturz überstanden) steht eine Schikane mit versteckter Stufe an. Tolle Variante haben die da eingebaut und dann mit richtig viel Speed an unseren Streckenposten vorbei – glaub nicht, dass die meine Starnummer überhaupt lesen konnten. Angefeuert haben sie mich trotzdem. Aufpassen – der Trail am Bahndamm entlang hat gefährliche Wurzeln – alles gut – wie die Profis die Kurven gecuttet und auf dem letzten sauschnellen Stück zum Ziel rein getreten was die Beine hergeben. Im Ziel an Nicole und Dirk vorbei geflogen – Anhalten ging nicht – warum siehe WP1. Zur WP3 ging`s doch ziemlich bergan und ich ganz schön hinter der Luft – also schleunigst entschleunigen und Akku aufladen. Mist – nur 6 Minuten für die Verbindungsetappe, also nix mit ausruhen. Oben kurz Christian mein Beinleiden geklagt und dann schon von Lothar auf die WP3 „Husseltrail“ geschickt. Der Anfang gehört nicht gerade zu meinen Favoriten, da es stetig bergauf geht und die Beine sich hier schon im normalen Zustand bemerkbar machen. Da muss ich jetzt durch. Im mittleren Teil Geschlängel auf engstem Raum – ich ertappe mich bei dem Gedanken mal ne kleine Schleife auszulassen und etwas abzukürzen – verwerfe das ganze aber schnell wieder – man soll sich auf das Wesentliche konzentrieren – hätte so beinahe auch ein SnakeBite-Trikot gebraucht. Außerdem – soll ja vordergründig Spaß machen und schummeln ist überhaupt doof. Bis ich also fertig überlegt hatte war mein Trikot beinahe aufgerissen und das Geschlängel eh schon vorbei – also Chance vertan – gut so. Durch die beiden Florian-Gedächtnis-Krater durch runter Richtung Ziel, dabei mit schönem Drift Christian die Schuhe mit Dreck versaut – yeah – so geht’s. Die Hälfte geschafft, an der Verpflegungsstation 3 Stück Kuchen verputzt und hoch zur WP4 am Steinbösch. Dort saß Daniel ganz entspannt in seinem Stuhl und schickte einen Fahrer nach dem anderen auf die Piste. Hab bisher noch keinen gesehen, der die letzten 5 Sekunden in 3 Sekunden runterzählen kann…der Typ muss der zweite Chuck Norris sein – der kann die 100m nämlich in 5 Sekunden laufen, weil er angeblich ne Abkürzung kennt. Überhaupt – alle wirken nun entspannt, aber auch schon gekennzeichnet – auch ich mache daraus keinen Hehl mehr. Man unterhält sich, macht lockere Sprüche und Späßchen – super Stimmung – gemeinsam Jammern macht vieles erträglicher. Wenn dann noch jemand (besagte 115) dabei ist, der die 200KM-Anreise aus Belgien bereits mit dem Rad hinter sich hat und die 111 ihn fragt, ob er nebenbei auch noch arbeite, bricht auch schon mal lautes Gelächter aus – alles super Typen. Den Steinböschtrail nennen wir intern den „ewigen Trail“. Ich weiß also, was mich erwartet. Klappt anfangs ganz gut, doch beim seichten Anstieg im hinteren Teil erste Verschleißerscheinungen – die doofen Beine brennen wahnsinnig – fahre fast mit Kette ganz links- ganz nahe also am Rettungsring, dem größten Ritzel. Geht nicht anders – muss also im nachfolgenden Bergabteil was rausfahren. Funzt dank Nobby echt gut, so gut sogar, dass ich mir überlege, ob ich unten wie immer durch den Bach fahren soll oder etwas dran vorbei. Wohl in einem Anflug einer Ja-Nicht-Dreckig-Machen-Idee entscheide ich mich für letzteres und lande prompt im Gestrüpp – Trottel. Wieder rauf auf den Bock und wenigstens beim Fotografen ein gutes Bild abliefern – aus der Pedale gerutscht und noch beinahe lang gemacht – wäre bestimmt DAS Bild geworden. Ging nochmal gut und dank Adrenalin-Schub auch die gefährliche Senke so gut wie noch nie in geilem Drift runter gekommen. Ab in Richtung Ziel an der runterzählenden Karin vorbei und Martin im Ziel beinahe den Stift aus der Hand gesprungen – zumindest gefühlt – es waren doch Karin und Martin – keine Ahnung – nicht genau erkannt, weil so schnell. Nennt man in Fachkreisen glaub ich Tunnelblick. Noch eine letzte WP und 25 Minuten Zeit für die Transferstrecke. Den Weg kenne ich, ist locker zu schaffen – in fittem Zustand…hab ich aber irgendwie vergessen. Also bei Dirk angehalten und etwas geplaudert – verplaudert.
Noch etwas weniger als 20 Minuten – das wird knapp und es geht mal so richtig den Berg hoch – toll – super hinbekommen. Nix mit lockerem 10er-Schnitt, sondern berghoch bis zum Füsselberg angasen. Das wird sich rächen, da bin ich mir sicher. Gerade rechtzeitig 2 Minuten vor meiner Startzeit war ich bei Astrid. Vorwurfvoller Blick von der 111: „Ich dachte, wenn der noch Zeit hat zum Plaudern, lass ich mir auch Zeit für den Berg, kann ja dann nicht so weit sein.“ War es aber, ca. 6 KM und er kam auch leicht außer Puste knapp vor mir an. Kurze Entschuldigung meinerseits – recht hat er. Und recht hatte auch ich.
Denn meine Beine machten nun endgültig nicht mehr mit. Der Start ging noch ganz gut, am Streckenposten nochmal richtig zusammengerissen (weil dort meine Frau und Kinder standen), aber sobald die mich nicht mehr sehen konnten schlug der Teufel zu. Es ging nun eine etwas längere Rampe hoch, die im letzten Teil richtig steil wurde und noch matschig dazu. Zum Glück waren die Flammen auf der Hose aufgedruckt – ich dachte die kämen von meinen Beinen. Musste nochmal an Niklas denken, denn tags zuvor erging es uns beiden an der gleichen Stelle schon ähnlich, allerdings bei mir nun ganz arg mit gefühlten hunderttausend Nadelstichen mehr. Bin kurz vom Absteigen – aber nix da – im Radfaherjargon heißt das „Quäl dich du Sau!“. Noch etwas langsamer und ich wäre rückwärts gefahren, aber auch der letzte Gipfel gehörte nun mir. Jetzt aber schleunigst ins Ziel, kurzer Abstecher über die Freizeitanlage und letzter Sprung über den Hügel auf die Straße und von Heike und Volker abwinken lassen – geschafft. Fix und fertig mit 111 abgeklatscht – übrigens echt ein netter Kerl – und endlich runter vom Bock.
Am Ende ist ein völlig überraschender 6. Platz in meiner Altersklasse rausgesprungen – mit der Erkenntnis, dass Niklas nächstes Jahr die 66er Tour ohne mich machen kann. Übrigens – die 109 hat gewonnen – den hab ich mal ganz schön vor mir her gejagt… Unbedingt zur Nachahmen empfohlen…
(*)meine rein zufällige Gute-Nacht-Lektüre: „Held am Sonntag: Mountainbike-Roman“ von Henri Lesewitz
Unser Held auf Platz 6. Glückwunsch, kein schlechtes Ergebnis. Fast hätte er die Seigerehrung verpasst weil er direkt nach seinem Rennen wieder irgendwo im Einsatz war… Thomas, wir, die Höllenhunde, ziehen den Hut und sagen DANKE!!!